"Tsi-da" Projekteingabe 2014
Alterszentrum "Adlergarten" in Winterthur
Innengestaltung Eingangsbereich Erdgeschoss, Aufenthaltsräume 1. bis 7. Obergeschoss
..Das Alters- und Pflegeheim Adlergarten liegt am Rande der Altstadt in einer historischen Parkanlage. Eingebettet in diese Gartenanlage liegen am nördlichen Parkrand das Alterszentrum wie gegenüber die historischen Gebäude Pavillon und Villa.
Der Adlergarten gehört ... mehr
"Tsi-da" Projekteingabe 2014
Alterszentrum "Adlergarten" in Winterthur
Innengestaltung Eingangsbereich Erdgeschoss, Aufenthaltsräume 1. bis 7. Obergeschoss
..Das Alters- und Pflegeheim Adlergarten liegt am Rande der Altstadt in einer historischen Parkanlage. Eingebettet in diese Gartenanlage liegen am nördlichen Parkrand das Alterszentrum wie gegenüber die historischen Gebäude Pavillon und Villa.
Der Adlergarten gehörte zum „Adlerhof“ am Obertor. Seit Beginn des 17. Jahrhunderts war er im langjährigen Besitz der Familie Sulzer. Johann Jakob Sulzer legte anfangs 1800 einen grosszügigen und schönen Park mit zum Teil seltenen Bäumen an. Er taufte ihn „Adlergarten“, pflegte ihn sorgfältig und baute den klassizistischen Pavillon, welcher der Familie in den warmen Jahreszeiten als Tagesaufenthalt diente, die Gartenanlage war der ganze Stolz des Besitzers.
Anfangs der 1830er Jahre geriet die Fabrik Sulzer in Konkurs und das Gut kam in den Besitz von Dieter Emanuel Haggenmacher, welcher das Landgut am 3. Juli 1833 für etwa 52'000 Franken ersteigern konnte. Eins seiner Vorhaben war im Adlergarten ein Kaffee- und Speisewirtshaus zu betreiben. Daher liess er um 1834 das Gebäude „Hotel de la Fortuna“ errichten. Im Parterre entstanden nebst einer Veranda Säle für Bälle und andere Anlässe und ein Billardsaal. Im ersten Stock befand sich das Restaurant, die Räume waren bunt austapeziert oder mit allerlei Sujets bemalt. Der Aufenthalt ausserhalb der Stadtmauer im schönen, schattigen Park war sehr beliebt, er brachte die erwünschte Luftveränderung und das Angebot der Schottenkuren halfen mit, die „Fortuna“ als guten Gasthof und Kuranstalt berühmt zu machen. Vor allem am Sonntag schien die „schöne Welt“ in den Adlergarten zu strömen um in der Anlage zu speisen und das Neueste auszutauschen. 1836 entstand das Ökonomiegebäude mit Wohnung, Scheune und Stallungen. 1838 folgte das Waschhäuschen, heute Orangerie. Haggenmacher betrieb das Gut im grossen Stil, er organisierte Bälle und Theateraufführungen u.a. führte er 1841 gar das Eidgenössische Sängerfest durch.
Aber auch Dieter Emanuel Haggenmacher konnte das Gut nicht halten und verkaufte es an Geldgeber aus Basel, welche es nach misslungenen Vorhaben wiederum weiter verkaufen mussten. Schliesslich ging der Besitz an Heinrich Sulzer-Graf. Dieser richtete im Parterre eine Jacquardweberei ein. Der 1. Stock diente als Lager und Wohnung, im 2. Stock wurde bis 1884 ein Töchterpensionat betrieben. Aber auch Sulzer-Graf scheiterte und war bereits nach einem Jahr verschuldet. Er war nun der dritte hintereinander, dem der Adlergarten kein Glück brachte. Der darauf folgende neue Besitzer war der Fabrikant Salomon Sulzer-Sulzer. Die Liegenschaften wurden teilweise vermietet, blieben nun aber lange Zeit im Besitz der Fabrikantenfamilie Sulzer und diente ihnen als Wohnsitz. Im Jahre 1856 erbaute Salomon Sulzer eine Kapelle am östlichen Rande des Gutes mit Glockenturm, Glöckchen und vier Fenstern mit Spitzbogenscheiben aus farbigem Glas.
Heinrich August Sulzer und dessen Gattin Fanny Cornelia Sulzer-Bühler wurden die letzten privaten Besitzer. Sie bauten das Hauptgebäude und führten als Familie das grosse Haus und den schönen Park eigentlich zu dem, was heute noch seinen guten Ruf in Winterthur begründet. 1947 verkauften sie das ganze Gut an die Stadt und der Park wurde öffentlich.
Neben dem ehemaligen Villengebäude steht der „Kleine Adlergarten“. Bis 1965 diente er der Stadtgärtnerei als Revierdepot und der Umschwung dem Schulamt als Schülergarten. Der Neubau des Pflegeheimes wurde 1968 rücksichtsvoll in diese Parklandschaft gestellt. Die Erweiterung als Anbau wurde 1976 in Betrieb genommen. Nachdem im Jahre 1990 das Altersheimgebäude saniert und umgebaut worden ist, diente der Kleine Adlergarten als Wohnraum für Angestellte, später auch als Asylanten-Unterkunft.
Bemerkenswert ist die Gesamtanlage, welche Richard Zürcher als „bedeutendste Schöpfung des Spätklassizismus in Winterthur“ charakterisierte. Die sorgfältig renovierte Gebäudegruppe Pavillon, Herrenhaus, Orangerie und Ökonomiegebäude säumt in aufgelockerter Symmetrie den Südrand des über zwei Hektaren messenden Parks, dessen Nord- und Westseite heute durch die Neubauten des Alterszentrums geschlossen werden. So entstand ein spanungsvolles Gegenüber von Neu und Alt. Ab November 2012 bis Ende 2014 werden die beiden Gebäude mit den Pflegeabteilungen des Alterszentrum Adlergarten durch das Architekturbüro Itten+Brechbühl AG totalsaniert.
Vögel üben auf die Menschen seit jeher eine besondere Faszination aus. Ihre Erscheinungsvielfalt ist überwältigend. Dennoch haben sie alle eine Reihe von Grundmerkmalen gemeinsam, sie tragen Schnäbel, haben Flügel und können in ihren unterschiedlichsten Federkleidern bewundert werden.
Vögel haben es als Tierart geschafft, bei den Menschen eine Sonderstellung, die mit großem Respekt einhergeht, einzunehmen. Nicht umsonst ist die Symbolik von Vogelarten in vielen Ländern sehr ausgeprägt. Die Besonderheiten und Fähigkeiten der Vögel haben die Menschheit schon immer fasziniert, zum Staunen gebracht und ihre Phantasie angeregt.
Scheinbar mühelos erheben sich die meisten Vogelarten zum Vogelflug und fliegen durch ihr Element. Beobachtet man fliegende Vögel verschiedener Arten in ihren jeweiligen Lebensräumen, fallen die unterschiedlichen Flugarten auf. Die bekannteste von den Vögeln angewandte Art der Fortbewegung ist der so genannte Ruderflug. Er ist sehr Kräfte zehrend, weshalb viele Vogelarten bei günstigen Wind- und Luftströmungssituationen auf energiesparendere Flugarten wie den Gleitflug oder den Segelflug umstellen.
Wenn man sich auf die Suche nach Verhaltensähnlichkeiten zwischen Vogel und Mensch macht, so findet man einige erstaunliche Parallelen. Ein interessantes Beispiel dafür ist die Art und Weise wie Vögel und Menschen kommunizieren. Der Vogelgesang wusste schon immer den Menschen zu beeindrucken und vor allem auch zu inspirieren. In der Mythologie und der Literatur des Mittelalters betrachtete man die „Sprache der Vögel“ als eine magische, göttliche und perfektionierte Form der Sprache.
Die Fähigkeit, die Sprache der Vögel zu verstehen galt als Zeichen großer Weisheit und zeugte von einer besonderen Verbundenheit mit einer Gottheit. Die Gründe für diese Interpretationen sind vielseitig. Einerseits waren sie durch ihre Fähigkeit zu fliegen mit dem Himmel und den dort wohnenden Göttern auf eine besondere Weise verbunden, andererseits schloss man daraus, dass es sich um äußerst kluge und weise Lebewesen handeln müsse. Wenn Tiere mittels Lauten oder Gebärden kommunizieren ist es zwar nicht unbedingt angebracht gleich den Terminus Sprache zu verwenden, aber in der Art und Weise wie vor allem Singvögel miteinander kommunizieren lassen sich bestimmte Ähnlichkeiten zu der vom Menschen gesprochenen Sprache nicht leugnen.
Während der Begehung wie bei weiteren Besuchen des Areals wurde ich auf die Parksituation wie die darin angeordneten Gebäude aufmerksam. Daraus wollte ich ein in den Innenraum einzufügendes, erzählerisches Projekt erarbeiten. Darin sollte ein Erkennungswert der Umgebung und der vorhandenen Stimmung aufzeigt werden.
Die Bewohnerinnen und Bewohner, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie die Gäste erkennen in den Bildern den Aussenraum des Adlergartens und erleben eine neu erzählte Parksituation mit stillen aber aufgeweckten Lebewesen und Lichtquellen. Diese Lichter welche auf natürliche Art bereits in den fotografischen Aufnahmen vorhanden waren, wurden von Hand mit surrealen Lichtkugeln ergänzt. Diese Semirealität welche durch Lichtspiele und den durch verschiedene Techniken aufgetragenen Vögel entstanden ist, lässt einen poetischen Moment entstehen. Die Wandbilder sollen einen Hauch von Präsenz haben, als Betrachterin und Betrachter kann man sich direkt darauf einlassen, mit Gedanken darin verweilen, oder sie im Aufenthaltsraum als ferner liegende Erzählung wahrnehmen. In der Arbeit liegt eine humorvolle Seite, sie soll aber auch eine diskrete Stille aufzeigen, eine Geschichte erzählen, gedanklich anregen wie unterhalten und sinnlich stimmen.
Die direkte, fotografische Sprachwahl der Panoramabilder des Parks wie der hiesig beheimateten Vögel ist bewusst gewählt. So entsteht ein Wechselspiel der Wahrnehmung zwischen Innenraum zum Aussenraum, und umgekehrt.
Diese Wechselwirkung lassen beim Besuch der Parkanlage die Gedanken wiederum in den Innenraum schweifen, zu den dokumentarisch abgebildeten Grünflächen, den verschiedenen Gebäuden, den Vögeln und natürlich der einen Kohlmeise, welche aufgeweckt und vielleicht zwitschernd, sichtlich durch alle Stockwerke fliegt.
Eine Kohlmeise hat mich während den Panoramaaufnahmen jeweils öfters „tsi-da..tsi-da“ singend umflogen. Daher habe ich sie mit Freuden in das Projekt miteinbezogen. So fliegt sie vom Erdgeschoss bis in das 7. Obergeschoss. Sie unterscheidet sich nicht nur in der technischen Umsetzung von den anderen abgebildeten Vögeln. So zeigt sie sich immer wieder mit ihrem ursprünglichen bunten Gefieder. Durch die auffallende, allerlebendigste Präsenz wird sie speziell hervorgehoben durch ein direktes Aufsticken auf die Tapete. Sie begegnet einen, in ganz bewegten Momenten, jeweils auf jedem einzelnen Stockwerk. Die Kohlmeise fliegt durch die Korridore hoch, ja durch das ganze Gebäude und lässt sich bildnerisch in den jeweiligen Aufenthaltsräumen einfangen.
Auf den Panoramaaufnahmen der verschiedenen Stockwerke sind heimische Vögel abgebildet, welche in unseren Breitengraden oft zu sehen sind. Sie haben einen grossen Wiedererkennungswert und wären auf einem Spaziergang durch die Parkanlage auch wirklich anzutreffen.
Der Park wurde hier in der Projekteingabe fotografisch im winterlichen Istzustand aufgenommen. Auch die neuen, professionellen Fotografien im Frühling würden ein geschichtliches Dokument des Aussenraums, wie der gesamten Parkanlage, festhalten.
So ist eine kleine surreale Geschichte entstanden, welche sich auf reale Vorgaben und Gegebenheiten stützen. Durch dieses Projekt möchte ich allen Nutzerinnen und Nutzern wie auch den Gästen etwas zu ihrem Aufenthalt im Alterszentrum Adlergarten beitragen.
Bauherrschaft: Stadt Winterthur
Ausführende Architekten: Itten+Brechbühl AG, Zürich
Organisation Wettbewerb: Departement Kulturelles und Dienste, Bereich Kultur, Winterthur
Bezugsquellen: „Park“: Zitat Winterthur Glossar, Verfasser unbekannt: ihm diente ein Aufsatz des Stadtbaumeisters Karl Keller und das Buch "Erinnerungen" von Fanny C. Sulzer-Bühler, „Vögel“: Zitat Philipp Wagner in „Allgemein“ Oktober 2011
Zu „tsi-da...tsi-da“
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Ausschnitt, Vorschlag Tapete mit Stickerei |8 x 300 x 1450 cm [H B T]
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Detail, Stickerei direkt auf Tapete
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Detail, Ausschnitt "Ente" im Park, 1. Obergeschoss
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Pläne Erdgeschoss, Tapete mit Stickerei |1 x 300 x 1275 cm [H B T]
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Pläne 1. Obergeschoss, Tapete mit Stickerei |1 x 300 x 1450 cm [H B T]
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Pläne 2. Obergeschoss, Tapete mit Stickerei |1 x 300 x 1450 cm [H B T]
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Pläne 3. Obergeschoss, Tapete mit Stickerei |1 x 300 x 1450 cm [H B T]
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Pläne 4. Obergeschoss, Tapete mit Stickerei |1 x 300 x 1450 cm [H B T]
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Pläne 5. Obergeschoss, Tapete mit Stickerei |1 x 300 x 1450 cm [H B T]
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Pläne 6. Obergeschoss, Tapete mit Stickerei |1 x 300 x 1450 cm [H B T]
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Pläne 7. Obergeschoss, Tapete mit Stickerei |1 x 300 x 1450 cm [H B T]
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Druckversionen, Hell bis Dunkel
"Tsi-da" Projektausarbeitung Adlergarten Winterthur |2014 |Standpunkte Panoramaaufnahmen